Labormedizin &
Zellforschung

Since 1968

Meine Arbeitsgebiete betreffen Labordiagnostik und Zellforschung. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Immunologie, Immunhämatologie, Bluttransfusionswesen und Qualitätsmanagement in der Labormedizin. Meine Aktivitäten umfassen Konzepte zur Optimierung und Standardisierung von Prozessen zur Verbesserung der Betriebs- und Arbeitsabläufe, der Laborleistungen (Analytik) auf der Grundlage von Standards zur Steigerung der Kundenzufriedenheit.

Abgesehen von Labordiagnostik und damit verbundenen QM-Systemen bestehen Expertisen auf dem Gebiet der Mikroskopie, Immunhistologie und Zellforschung.

Fachliche Anfragen, Informationen und Anregungen sind willkommen und können an mich gerichtet werden:

Prof. Dr. med. Wolf D. Kuhlmann
Labormedizin & Zellforschung
kuhlmann@kuhlmann-biomed.de

Ausbildung & Forschungsförderung

Ausbildung

Grundschule und Gymnasium in Siegen

Studium der Medizin an der Universität Heidelberg

Promotion (Dr. med.), Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg

Promotionsarbeit: Immunchemische und immunhistologische Untersuchungen normaler
und arteriosklerotisch veränderter Blutgefäße von Menschen (summa cum laude)

Post Doc Qualifizierung für eine wissenschaftliche Laufbahn an der Medizinischen Fakultät, Universität Heidelberg, Habilitation Experimentelle Medizin, Venia Legendi

Habilitationsschrift: Elektronenmikroskopische Immuncytochemie: Peroxydase als Markierungs- substanz für die immunenzymatische Lokalisierung von Antigenen und Antikörpern

Weitere Zertifizierungen: Ärztliche Approbation; Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Bluttransfusionswesen

Ärztekammer: Bezirksärztekammer Koblenz
Landesärztekammer Rheinland-Pfalz

Forschungsförderung

Weltgesundheitsbehörde (WHO)

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Heisenberg Stipendium

Sonderforschungsbereich Krebsforschung (DFG, SFB 136)

Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)

Weitere Förderungen für Immunchemie, Immunhistologie zur Aufklärung von Struktur-Funktionsbeziehungen, Zelldifferenzierung, Geweberegeneration, Karzinogenese und Entwicklung von diagnostischen in vitro Verfahren

Wissenschaftliche Auszeichnungen & historischer Überblick

Historische Anmerkungen

Wissenschaftlicher Beraterdienst für Immunhistologie entstand aus meinen biomedizinischen Projekten am DKFZ (Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg).

Aus den Arbeiten zur Enzymmarkierung von Antikörpern entstand der Gedanke, Arbeitsanweisungen und Spezialreagenzien für Wissenschaftler zur Verfügung zu stellen. Diese Intention geht sogar weit in die Zeit meines Medizinstudiums zurück, in der ich intensiv mit Immunfluoreszenzmarkierungen für meine Promotionsarbeit beschäftigt war.

Auszeichnungen

Robert-Schwank-Preis (1969)

Robert-Feulgen-Preis (1976)

Berufliche Karriere &
Stationen der Tätigkeit

Medizinische Universitätsklinik Heidelberg (Ludolf-Krehl-Klinik)

Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer (IRSC/CNRS) Villejuif

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg

Ernst-Rodenwaldt-Institut (Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Ministerium der Verteidigung) Koblenz

MVZ für Laboratoriumsmedizin Koblenz-Mittelrhein (Labor Koblenz) Koblenz

Universität Heidelberg

Doktorarbeit und Anfang meiner Karriere an der Ludolf-Krehl-Klinik in Heidelberg

Das Interesse an Forschung und Labortechniken entstand 1964, als ich meine Doktorarbeit in der LUDOLF-KREHL-KLINIK (Medizinische Universitätsklinik Heidelberg, Ordinarius Prof. Dr. G. SCHETTLER) zu diesem Thema begann: Immunchemische und immunhistologische Untersuchungen an normalen und atherosklerotisch veränderten Blutgefäßen des Menschen. Die Medizinische Universitätsklinik förderte damals eine Forschungseinheit Immunbiologie mit Projekten zur Analyse der menschlichen Magenschleimhaut. Das Startteam war klein (Dr. W. Rapp, ein Techniker und ich selbst) und inspiriert durch die frühen Arbeiten aus dem Institut für experimentelle Krebsforschung in Heidelberg (1906 gegründet als Abteilung an der CZERNY-KLINIK, eine Stiftung von V. CZERNY für Krebskranke). Die Anfänge der Immunologie in Heidelberg sind verbunden mit diesem Institut und mit Namen wie E. VON DUNGERN, L. HIRSCHFELD (L. Hirszfeld), H. SACHS und E. WITEBSKY und deren Untersuchungen zur serologischen Organspezifität (Normal-, Tumor- und Embryonalgewebe). Weitere Anregungen gaben die Arbeiten von P. GRABAR und Mitarbeitern vom Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer in Villejuif zur immunelektrophoretischen Analyse von biologischen Substanzen.

In den ersten Monaten waren wir in einem Patientenzimmer der Medizinischen Universitätsklinik (Station Naunyn) untergebracht. Die technische Ausstattung wurde von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) und der LUDOLF-KREHL-KLINIK gefördert. Innerhalb weniger Monate reichte der zur Verfügung stehende Platz nicht mehr aus. So zogen wir für etwa zwei Jahre in ein Gartenhäuschen des Klinikparks um. Unser Forschungsschwerpunkt lag auf neuen Techniken und Know-how in Immunologie, Biochemie und Histologie. Während dieser Zeit wurde ein neues Laborgebäude für die klinische Forschung gebaut mit ausreichend Platz für die Forschungsgruppen der Medizinischen Universitätsklinik. Die LUDOLF-KREHL-KLINIK stellte Gerätschaft für die Immunfluoreszenz als wichtiges Hilfsmittel in der Diagnostik von Autoimmunerkrankungen zur Verfügung. Dies verhalf unserer Forschungsarbeit zum Durchbruch. Außerdem konnten wir in die Anschaffung eines Elektronenmikroskops investieren.

In der Anfangszeit waren Arbeiten für Aufreinigung von Biomolekülen, Herstellung von Antikörpern durch Immunisierung und biochemische Charakterisierung mit großem Aufwand verbunden. Zeitaufwändige Schritte waren notwendig, um genügend gereinigte Antigene, spezifische Antikörper und markierte Antikörper für die Anwendung in der Analytik und für die zellbiologischen Studien herzustellen. Insgesamt erforderten die experimentellen Arbeitsschritte viel Zeit über einen Zeitraum von mehreren Jahren mit Einsatz in Nächten und an Wochenenden. Außerdem ist mir noch präsent, dass Literaturrecherche, Literaturversorgung und der Kauf von Feinchemikalien äußerst mühsam waren, weil es noch keine computergestützte Suche im Internet gab. Zudem waren Fotokopierer nicht allgegenwärtig, obendrein gab es damals noch keine Personalcomputer mit Textverarbeitungssoftware. Alles Schriftliche musste mit einer herkömmlichen Schreibmaschine erledigt werden.

Immunhistologie, Zellforschung und Elektronenmikroskopie am Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer in Villejuif

Während meiner Doktorarbeit war ich mehrmals am Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer in Villejuif (Frankreich) zu Gast, um an immunchemischen, fluoreszenzserologischen und enzymzytochemischen Methoden zu arbeiten. Ich habe damals den dort herrschenden Geist geschätzt, die aufgeschlossene Atmosphäre dieses Forschungsinstituts und die Begegnungen mit prominenten Persönlichkeiten wie P. Grabar, P. Burtin und A. Lwoff. Nach Abschluss meiner Promotionsarbeit wechselte ich für einige Jahre an dieses renommierte Institut, um dort an Immuno-Enzym Techniken und selektiven Zellmarkierungen für die Elektronenmikroskopie zu forschen. Es war eine großartige Gelegenheit, in den Labors von Dr. W. Bernhard, Dr. E. H. Leduc, Dr. S. Avrameas und Dr. J. Uriel, den verdienten Pionieren der Elektronenmikroskopie und der Immunchemie, zu sein. W. Bernhard galt nicht nur in Frankreich als Nestor der Zellbiologie, er war es auch in ganz Europa und zudem eine hervorragende Persönlichkeit.

In Villejuif entstanden viele Beiträge zur elektronenmikroskopischen Zytochemie und Immun-histologie. Ich habe immer die hilfreichen Tipps von A. Viron bei den elektronenmikroskopischen Präparationen geschätzt und besonders ihre Mitarbeit bei der Erarbeitung von Techniken für die Kryo-Ultramikrotomie. Damals standen Antigen- und Antikörper-Markierungtechniken mit Meerrettich-Peroxidase und Glukose-Oxidase aus Aspergillus niger als methodische Verfahren und als Verfahren für zellbiologische Anwendungen im Vordergrund unserer Arbeiten. Zusammen mit M. Bouteille, E. H. Leduc, S. Avrameas und H. R. P. Miller wurde beispielsweise umfänglich zur Differenzierung und Reifung von Immunzellen bei der Immunantwort nach Antigenstimulation publiziert (Enzyme als Antigene und Marker). Die Kombination von Elektronenmikroskopie, Immun-Enzymfärbung und Autoradiographie mit 3H-Thymidin war perfekt geeignet zur simultanen Darstellung von Ultrastruktur und Antikörpersynthese in den Proliferations-, Differenzierungs- und Reifungsstadien von antikörperbildenden Zellen während der Immunantwort.

Es war interessant zu beobachten, dass sich in Europa die Immuno-Enzym Techniken schnell entwickelten, während Ferritin-Markierungen in den USA und in anderen Ländern noch immer in Mode waren. Dies wurde auf der Gordon-Forschungskonferenz 1972 (Immuno-Elektronen-mikroskopie, Wayland Academy, Beaver Dam) besonders deutlich. Jedenfalls haben sich Immuno-Enzym Techniken in der Biomedizin zu sehr wertvollen Arbeitstechniken entwickelt. Hier darf erwähnt werden, dass die Prinzipien der Immuno-Enzym Techniken nach wie vor unverzichtbar für die Zellbiologie sind. Sie dienen außerdem als Plattformtechnik für den Nachweis von Biomarkern in zahlreichen diagnostischen Bereichen und für die Detektion molekularer Sonden in vielen Wissenschaften.

Wissenschaftliche Projekte zu Alpha-Fetoprotein, Hepatokarzinogenese und Zelldifferenzierung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg

Nach meiner Rückkehr nach Heidelberg begann eine Zeit intensiver Forschung am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ, Institut für Nuklearmedizin). Thematisch standen Projekte zur Untersuchung von Alpha-1-Fetoprotein als Bio-Marker für die regenerative Fähigkeit der Leber nach Schädigungen unterschiedlicher Art und für die Expression eines onkoembryonalen Genproduktes während der Hepatokarzinogenese im Vordergrund. Die Projekte wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG, Sonderforschungsbereich 136 Krebsforschung) gefördert. Hierbei kam es auch zu Kooperationen mit Prof. W. KUNZ von der Abteilung Biochemie am DKFZ mit gemeinsamen Arbeiten über die Regulation und Expression von mikrosomalen Enzymen bei der chemischen Hepatokarzinogenese. Darüber hinaus wurden Studien mit Prof. K. H. WURSTER vom Institut für Pathologie (Universität Heidelberg) und mit Prof. W. RAPP von der LUDOLF-KREHL-KLINIK (Heidelberg) durchgeführt über den Einsatz von biochemisch definierten gastrointestinalen Glykoproteinen als Marker für Histogenese und Histopathologie. Alle Projekte haben neue biochemische und histochemische Methoden hervorgebracht. Zeitweise betreute ich labordiagnostisch das immunbiologische Labor in der LUDOLF-KREHL-KLINIK: Paraproteindiagnostik mit Immunfixation und Immunelektrophorese, quantitative Serumproteinbestimung (Nephelometrie, Immundiffusion nach Mancini und Oudin), Kollagenosediagnostik (Autoantikörper mit indirekter Immunfluoreszenz, ANA/ENA mit Geldiffussionstechnik nach Ouchterlony und mit Gegenstromelektrophorese.

Mein Vorhaben, hepatische Vorläuferzellen und AFP-Synthese bei regenerativen Vorgängen nach Leberschädigung und im Rahmen der Hepatokarzinogenese mittels Immunhistologie zu erforschen, war experimentell und technisch aufwendig. Das Auftreten dieses onkofetalen Genproduktes während Ontogenese und Leberregeneration hat sich letztlich als geeigneter Marker erwiesen für Fragen zur Rolle von potentiellen Vorläufer- und Stammzellen bei Lebererkrankungen. Die experimentellen Modelle umfassten einerseits akute Schädigungen ausgelöst durch partielle Hepatektomien (chirurgische Eingriffe), Tetrachlorkohlenstoff, D-Galaktosamin (GalN) und N-Nitrosomorpholin (NNM) als auch Langzeitbelastungen der Leber durch Gabe von NNM in niedriger Dosierung zwecks Induktion von Präneoplasien und hepatozellulären Karzinomen. Mit serologischen AFP-Messungen und immunhistologischen Nachweisen der AFP-Expression wurden die Wege der Regeneration und zellulären Differenzierung aufgezeigt. Um dieses Ziel zu erreichen, musste ich erst in vielen Vorversuchen die geeigneten Methoden erarbeiten. Als Beispiele sind zu nennen histologische Techniken für Licht- und Elektronenmikroskopie wie Gewebefixierung, Einbettung, Kryoverfahren, Autoradiographie, Histochemie und immunchemische Methoden für Nachweis und Quantifizierung verschiedener Antigene/Antikörper und Herstellung spezieller Reagenzien für die Immunhistologie (Licht- und Elektronenmikroskopie).

Aus den vielen Experimenten konnte ich folgern, dass unter bestimmten Bedingungen, unter denen die proliferative Kapazität der normalen differenzierten Hepatozyten blockiert ist, stammzellähnliche Populationen den Verlust von Lebermasse ersetzen können. Die sich aus dem Stammzellkompartiment differenzierenden Zellen (bipotentiale Vorläuferzellen) proliferierten und differenzierten sich zu adulten Hepatozyten und Gallengangsepithelien. Vergleichbar mit anderen Organsystemen besteht die Möglichkeit, dass sich Zelllinien wie z.B. Hepatozyten und Gallengangzellen aus Kurz- und Langzeit-Stammzellen, Vorläuferzellen und reifen Zellen entwickeln.

Interessanterweise werden nach chirurgischer Entfernung von Leberparenchym keine Stammzellen für die Regeneration benötigt. Dies zeigt sich auch nach Tetrachlorkohlenstoffvergiftung, während die Leberregeneration nach Schädigung mit GalN oder mit NNM über die Proliferation von biliärer Epithelien verlief. Proliferierende biliäre Epithelzellen, auch als oval cells bezeichnet, entstammen den HERING Kanälen. Sie erreichen dabei ein Differenzierungsniveau mit Reaktivierung fetaler Gene und folgender AFP-Synthese, was gewissermaßen als Retrodifferenzierung und potentieller Stammzelleigenschaft gewertet werden kann. Aufgrund des gleichen embryonalen Ursprungs von Gallengängen und Hepatozyten muss das Gallengangepithel mit seinen proliferierenden Populationen (oval cells) eine definierte Rolle als Transit- und Amplifikationskompartiment im Prozess der Leberregeneration haben. Außerdem ist anzunehmen, dass Faktoren des hepatischen Mikro-Milieus das Schicksal der Vorläuferzellen hinsichtlich Differenzierung zu Leberzellepithel (Hepatozyten) und Gallengangepithel beeinflussen.

Malignität kann von proliferierenden/differenzierenden oval cells und von adulten Zellen des Leberparenchyms ausgehen; beide Zelltypen haben stammzellähnliche Eigenschaften. Oval cells sind gewissermaßen fakultative Vorläuferzellen für Hepatozyten und Gallengangzellen. Unter experimentellen Bedingungen können sie sich auch zu regenerierenden Leberzellen mit hohem Transformationsrisiko und fokal alterierten Leberzellbereichen (präneoplastische Knoten) entwickeln. Letztlich können sowohl AFP-positive als auch AFP-negative Karzinome in ein und derselben Leber entstehen. Dies kann ein zufälliges klonales Ereignis aufgrund genetischer und epigenetischer Veränderungen sein und das Wiederauftreten von AFP den Prozess der Retrodifferenzierung darstellen.

Scaling up Labordiagnostik und technische Entwicklungen im zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr, Ernst-Rodenwaldt-Institut in Koblenz

Ende der 1980er Jahre änderten sich meine Tätigkeitsgebiete. In meinem neu gewählten Umfeld als Leiter des Fachbereichs Immunologie im ERNST-RODENWALDT-INSTITUT in Koblenz (Hygienisch-Medizinisches Institut, Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz) gab es neue labormedizinische Aufgaben. Im militärmedizinischen Institut der Bundeswehr, eine Einrichtung für Forschung und Diagnostik mit Tradition in Hygiene, Infektionskrankheiten und Gesundheitswesen und benannt nach dem Hygieniker und Tropenmediziner E. RODENWALDT (emeritierter Ordinarius für Hygiene in Heidelberg, Begründer des Forschungsgebietes „Geomedizin“), galt es eine fachbereichstypische Labordiagnostik zu formen. Meine Initiativen konzentrierten sich auf die Einführung moderner Labormethoden z.B. Nephelometrie, ELISA, TR-FIA, RIA, HLA-Typisierung (MLCT, PCR), Granulozytenfunktionstest (oxidativer Burst), Durchflußzytometrie (Typisierung von Lymphozyten), des weiteren Tests zur quantitativen Messung von Impfantikörpern für Diagnostik und seroepidemiologische Studien. Bei fortschreitender Entwicklung des Fachbereichs Immunologie kamen dann auch PCR- und DNA/RNA-Hybridisierungstechniken als neue diagnostische Werkzeuge zur Anwendung.

Anfangs waren die Handhabung der Patientenproben und der gesamte Arbeitsablauf altmodisch und fehleranfällig. Mit der Verfügbarkeit von Computern änderten sich die Dinge allmählich. Zunächst experimentierten wir mit MS-DOS (x86-basierter PC) und Programmierung in Microsoft BASIC, um die Arbeitsabläufe im Labor zu verbessern. Spürbare Verbesserungen wurden jedoch erst mit dem später beschafften UNIX-basierten Laborinformations- und Managementsystem (LIMS, HP-UX) erreicht. Außerdem wurde ein wissensbasiertes Expertensystem Pro.M.D. (Chr. Trendelenburg und B. Pohl) für das Reporting und die spezielle Auswertung von Untersuchungsergebnissen des Impfmanagements eingesetzt. Dieses auf PROLOG-2 (Expert-Systems Ltd., Oxford, England) basierende System wurde maßgeblich von unserem Mitarbeiter Dr. J. P. SCHRÖDER entwickelt und erwies sich als nützlich bei der Interpretation von Antikörpertitern, für Hinweise auf Auffrischimpfungen und Warnungen vor allergischen Reaktionen. Ein anderes Konzept namens LIPS-Framework (Learning, Information and Performance Support) wurde zusätzlich für solche Arbeiten erprobt. Mehrere Studien über Impfprophylaxe und sero-epidemiologische Besonderheiten wurden durchgeführt, die Ergebnisse konnten zusammen mit Dr. J. P. SCHRÖDER und Dr. J. RIEGER publiziert werden. Die Sitzungen des Arbeitskreises Immunprophylaxe, organisiert von Dr. M. PIETSCH, waren von großem Interesse aufgrund der zahlreichen Kontakte mit anderen Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Vakzination. Die militärischen Impfprogramme haben uns die Testung auf Serumantikörper von vielen Tausend Probanden ermöglicht. Die Frage nach möglichen Typ I und Typ III Immunreaktionen erlaubte uns Zugang zu Schilderungen möglicher Fälle. In Einzelfällen konnte die Möglichkeit einer IgE vermittelten Patientensensibilisierung durch Tetanustoxoid-Impfstoff festgestellt werden. Mit Hilfe hochpositiver Patientenproben war es möglich, ein spezifisches Testsystem für die Diagnostik vermuteter IgE Sensibilisierung (Allergie Typ I) nach Impfung mit Tetanustoxoid-Impfstoff aufzubauen und zu erproben.

Ich möchte an dieser Stelle nicht vergessen, auf die sehr wertvolle Zusammenarbeit mit Prof. A. MARKEWITZ und Prof. A. FRANKE (Bundeswehr Zentralkrankenhaus Koblenz) hinzuweisen und für meine Beteiligung an deren Forschungsprojekten Humorale und zelluläre Immunität nach einer Herzoperation zu danken. Die Arbeiten zur humoralen und zellulären Immunität, zur entzündlichen und antiinflammatorischen Zytokinregulation bei chirurgischen Eingriffen waren von hoher Qualität. Dies spiegelt sich in hohen Zitierraten wider.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Mitteleuropa wurde der Abbau zahlreicher militärischer Einrichtungen geplant und auch realisiert. Interessanterweise war ein erster Vorschlag der Militäradministration, vier neue Institute (sic!) durch Reorganisation des bestehenden Zentralinstituts in Koblenz zu gründen. Dieses Vorhaben war jedoch ein Unterfangen ohne Realitätsbezug, da vier Institute für eine schrumpfende Armee sicherlich ein sehr ehrgeiziges Projekt wären. Auf Veranlassung der Politik litt die Bundeswehr aber sehr schnell unter Kannibalisierungseffekten. Viele Filetstücke wurden entnommen und vom bewährten Zentralinstitut in Koblenz blieben nur noch Reste übrig. Die Abteilung Immunologie sollte sogar nur noch als kleine Laborgruppe mit drei Laboranten und einem Arzt bestehen bleiben. Dadurch wurde der Bereich Immunologie mit ihrer ursprünglich attraktiven Ausstattung nach STAN (Stärke- und Ausstattungsstandard), bestehend aus vier Laboreinheiten mit insgesamt 5 Ärzten und 13 medizinisch-labortechnischen Assistenten, systematisch eingeschmolzen. Die häufig wechselnden und vor allem politisch geprägten Entscheidungen bei der Umstrukturierung des Zentralinstituts waren sehr ermüdend; ein Beispiel für damalige und noch heute bestehende parteipolitische Streitereien in der Bundesrepublik Deutschland bezüglich Bundeswehr insgesamt. Die Bedeutung der Immunologie für Medizin, Diagnostik und überhaupt für alle Lebenswissenschaften blieb unerkannt, die Entscheidungsträger hatten dies nie bedacht.

Laboratoriumsmedizin im Umfeld einer medizinischen Laborarztpraxis in Koblenz

Heute arbeite ich mit Ärzten zusammen, vormals Sanitätsoffiziere, die ein Medizinisches Versorgungs-zentrum für Laboratoriumsmedizin (MVZ für Laboratoriumsmedizin Koblenz-Mittelrhein, Labor Koblenz) gegründet haben. LABOR KOBLENZ unterscheidet sich von allen zuvor beschriebenen Einrichtungen. Laboranalysen sind auch hier das Hauptthema, allerdings stellt sich das MVZ als ein Labor mit einem deutlich größeren analytischen Spektrum dar und einer deutlich höheren Anzahl von Analysen pro Tag als die anderen Labore, in denen ich bisher gearbeitet habe. Andere Merkmale, die den Laborbetrieb prägen, sind eine abgeschottete hierarchische Struktur, komplizierte Regelungen mit gesetzlichen und privaten Krankenkassen sowie die auf Rabatt ausgerichtete Acquisition von Laboraufträgen aus den Krankenhäusern (hochriskante Wirtschaftlichkeit). Hierbei ist eine sorgfältige Kalkulation von Kosten und Gewinn des Unternehmens vonnöten. Es ist zu vermuten, dass die Einführung einer modernen Organisationsstruktur nach industriellem Vorbild vorteilhafter ist als die Beibehaltung konservativer Formen ärztlich geführter Arztpraxen, um die vielfältigen Angelegenheiten (u.a. Hierarchie, Personalwesen, Aufgabenverteilung, Leistungen, Vergütungen) sachgerecht und professionell lösen zu können.

Täglich werden große Mengen an Patientenproben verarbeitet. Unglaublich ist jedoch, wie viel Zeit die Mitarbeiter in der Probenannahme zur telefonischen Abklärung für falsches Probenmaterial und falsch deklarierte Untersuchungsaufträge aufwenden müssen. Eine für mich ebenfalls neue Facette ist die oftmals schlechte Probenqualität (z.B. ungenügende Sorgfalt bei der Probengewinnung in Praxen und auf Krankenstationen), auffällig sind darüber hinaus diverse Nachlässigkeiten des Kurierdienstes beim Probentransport. Dadurch ergeben sich kritische Aspekte in der Präanalytik mit Einfluss auf die Laboranalytik. Auf korrekte Präanalytik hat das Labor nur bedingt Einfluss. Die eigentliche Laboranalytik ist dagegen gut strukturiert und richtlinienkonform.

In diesem Umfeld beschäftige ich mich speziell mit diagnostischen Themen zur Autoimmunität und Immunhämatologie und betreue externe Krankenhauslabore zwecks Steuerung der Arbeitsabläufe in der klinischen Chemie, Immunhämatologie und des Bluttransfusionswesens. Qualitätsmanagement-systeme und Audits wurden schrittweise eingeführt. Es gibt Audits zur Überwachung der Sicherheit bei Bluttransfusionen (Überwachung der Transfusionsqualität im Auftrag der Ärztekammer Rheinland-Pfalz). Die Organisation von Point-of-Care-Tests (POCT) war eine besondere Aufgabe und keineswegs einfach, weil anfangs das Verständnis für Qualitätssicherung fehlte. Schulungen im sachgerechten Umgang mit technischen Geräten mit lückenloser Dokumentation zur Erfüllung von Gesetzen und Vorschriften waren ein langer Prozess. Mittlerweile sind die POCT-Einheiten in den von uns betreuten Krankenhäusern auf einem guten Weg.

Neue Herausforderungen auf dem Gebiet der Labormedizin

Analytische Technologien sind immer effizienter geworden, ohne dass völlig neue Systeme erfunden wurden. Laboratorien sind besonders auf Präzision, Reproduzierbarkeit und möglichst geringe Abweichungen ausgerichtet. In der Regel wird auf weitere Automatisierung und Digitalisierung gesetzt für einen schnellen, komfortablen und präzisen Arbeitsablauf. In den kommenden Jahren stehen wir vor Herausforderungen in Bezug auf Automation, Software und Kommunikation, die viele Abläufe im Laborbereich verändern werden. Roboter können dann möglicherweise einen großen Teil der Arbeitsprozesse übernehmen.

Wir sehen bereits Trends in Miniaturisierung von Analysesystemen. Sie sind bereits in einigen diagnostischen Bereichen im Einsatz. Leistungsstarke POCT-Geräte werden der zentralisierten Laboranalytik (klassische medizinische Chemie, Serologie und Mikrobiologie) Konkurrenz machen. POCT-Technologien mit zentrifugal-mikrofluidischen Chips zur automatisierten Analyse, neue Markierungsformate als Nachweismoleküle sowie neue Sensor-, Transducer- und spektroskopische Entwicklungen (Surface-Enhanced Raman Scattering und andere) mit hoch entwickelter Mikroelektronik sind Kandidaten für eine spezifische und empfindliche POCT-Diagnostik. Dies und die Möglichkeit zur gleichzeitigen Analyse mehrerer Parameter (Multiplexing) wird auch auf die molekulargenetische Diagnostik übergreifen.

Wir müssen uns mit der Anwendung von Computeralgorithmen und künstlicher Intelligenz (KI) vertraut machen, die es Computern, Maschinen und Menschen ermöglichen, auf intelligente Weise zusammenzuarbeiten. Es ist zu erwarten, dass bioinformatische Ansätze das Vorgehen bei der Klassifizierung von Krankheiten verändern werden. Herkömmliche proteinbasierte Biomarker und neue Konzepte der Flüssigbiopsie (Erstellung von Profilen aus Flüssigproben) für die Charakterisierung und Detektion spezieller Merkmale (ctDNA, RNA, miRNAs, SNPs etc.) im Rahmen individualisierter Medizin sind weitere Schritte hin zur Präzisionsmedizin.

Die Anwendung von KI und neuronalen Netzen in der Medizin schreitet rasant voran, z.B. in der Radiologie, der personalisierten Diagnostik einschließlich der Histopathologie und der Behandlung verschiedener Erkrankungen. All dies ist zwar günstig, aber es bedeutet auch eine Aufforderung und Anforderung an Ärzte, sich neue Fähigkeiten anzueignen und neue Technologien in die tägliche Arbeit einzubeziehen. Zweifellos müssen wir zur eigenen Zufriedenheit und zum eigenen Wohl mit dem technologischen Fortschritt und den Anforderungen im Gesundheitswesen Schritt halten; ganz ähnlich in der Bedeutung und zur Formulierung von CARL FRIEDRICH GAUSS:
„Wahrlich es ist nicht das Wissen, sondern das Lernen, nicht das Besitzen, sondern das Erwerben,
nicht das Da-Seyn [Dasein], sondern das Hinkommen, was den grössten Genuss gewährt“
(C. F. Gauss, XXX. Gauss – Bolyai. Göttingen, 1808, IX. 2. In: F. Schmidt, P. Stäckel (Hrsg.), Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Wolfgang Bolyai, pp 93-94. Verlag B. G. Teubner, Leipzig 1899).