Labormedizin &
Zellforschung

Since 1968

Labormedizin und Zellforschung sind typische Arbeitsgebiete der experimentellen Medizin mit dem Ziel, Krankheiten zu verstehen und die Gesundheit insgesamt zu verbessern.

Labortechnische Verfahren unterliegen der ständigen Weiterentwicklung. Sie können den Weg zur Präzisionsmedizin durch das Erkennen von molekularen und genetischen Merkmalen bei Krankheiten fördern. Qualitätsgesicherte Arbeitsabläufe sind eine wichtige Voraussetzung für dieses Ziel.

Fachliche Anfragen, Informationen und Anregungen sind willkommen:

Prof. Dr. med. Wolf D. Kuhlmann
Labormedizin & Zellforschung
kuhlmann@kuhlmann-biomed.de

Ausbildung & Forschungsförderung

Ausbildung

Grundschule und Gymnasium in Siegen

Studium der Medizin an der Universität Heidelberg

Promotion (Dr. med.), Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg

Promotionsarbeit: Immunchemische und immunhistologische Untersuchungen normaler
und arteriosklerotisch veränderter Blutgefäße von Menschen (summa cum laude)

Post Doc Qualifizierung für eine wissenschaftliche Laufbahn: Habilitation für das Fachgebiet Experimentelle Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und Venia Legendi

Habilitationsschrift: Elektronenmikroskopische Immuncytochemie: Peroxydase als Markierungs- substanz für die immunenzymatische Lokalisierung von Antigenen und Antikörpern

Weitere Zertifizierungen: Ärztliche Approbation; Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Bluttransfusionswesen

Ärztekammer: Bezirksärztekammer Koblenz
Landesärztekammer Rheinland-Pfalz

Forschungsförderung

Weltgesundheitsbehörde (WHO)

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Heisenberg Stipendium

Sonderforschungsbereich Krebsforschung (DFG, SFB 136)

Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)

Weitere Förderungen für Immunchemie, Immunhistologie zur Aufklärung von Struktur-Funktionsbeziehungen, Zelldifferenzierung, Geweberegeneration, Karzinogenese und Entwicklung von diagnostischen in vitro Verfahren

Anmerkung vorab

Mein Interesse an naturwissenschaftlichen Themen wurde schon in der Schulzeit geweckt und gefördert durch unseren Biologielehrer Dr. Rombeck, der viele Arbeitsgemeinschaften (Biologie) ins Leben rief, auch in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule. Theoretische und praktische Aspekte, Anwendungen in Mikroskopie, Histologie und experimenteller Biologie wurden mit Fachkenntnis umfassend behandelt. Diese Erfahrungen legten den Grundstein für das Medizinstudium.

Bei den Experimenten zur Markierung von Antikörpern mit Fluoreszenzfarbstoffen für die Lokalisierung von Antigenen in Gewebeschnitten mussten viele technische Probleme gelöst werden. Somit reifte bei allen Arbeiten auf dem Gebiet der Immunchemie und Immunhistologie, Protokolle für Methoden, Spezialreagenzien und deren Anwendung für zellbiologische Fragestellungen zu notieren. Es entstanden Webseiten für „Histotechnik“ und „Laboratory Diagnostics & Cell Science“ zur freien Verfügung mit online Zugänglichkeit. 

Berufliche Tätigkeiten & Auszeichnungen

Medizinische Universitätsklinik Heidelberg (Ludolf-Krehl-Klinik)

Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer (IRSC/CNRS) Villejuif

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg

Ernst-Rodenwaldt-Institut (Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Ministerium der Verteidigung) Koblenz

MVZ für Laboratoriumsmedizin Koblenz-Mittelrhein (Labor Koblenz) Koblenz

Robert-Schwank-Preis (1969)

Robert-Feulgen-Preis (1976)

Heisenberg-Stipendium

Doktorarbeit und Anfang meiner Karriere an der Ludolf-Krehl-Klinik in Heidelberg

Mit dem Beginn des Medizinstudiums verstärkte sich mein Interesse für biomedizinische Forschung. Ich bekam die Möglichkeit, als Doktorand in der Ludolf-Krehl-Klinik unter der Leitung von Prof. Dr. G. Schettler experimentell zu arbeiten. Bei der gestellten Aufgabe handelte sich um Immunchemische und immunhistologische Untersuchungen an normalen und atherosklerotisch veränderten Blutgefäßen des Menschen. Für den experimentellen Start standen aber zunächst weder geeignete Methoden noch geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Handbibliothek der Klinik war klinisch ausgerichtet; die Literaturrecherche erfolgte mühsam über Fernleihe.

Die Ludolf-Krehl-Klinik verfolgte zu dieser Zeit das Ziel, eine Forschungsgruppe Immunbiologie aufzubauen, diese sollte sich mit Projekten zur immunchemischen Analyse menschlicher Organe beschäftigen. Das Startteam bestand aus drei Personen: Dr. W. Rapp als nominierter Leiter der Arbeitsgruppe und kürzlich aus Frankreich vom Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer zurückgekehrt, eine medizinisch-technische Assistentin und ich als Neueinsteiger und Doktorand. Die Arbeitsgruppe „ohne Raum und Geräte“ nahm in einem Patientenzimmer der Medizinischen Universitätsklinik (Station Naunyn) die Arbeit auf. Die fehlende Räumlichkeit erlaubte viel Zeit für die Literatursuche. Meine erste Motivation bezog ich aus den frühen Arbeiten des Instituts für experimentelle Krebsforschung in Heidelberg, das als Abteilung an der Czerny-Klinik im Jahr 1906 gegründet wurde. Vor allem die Anfänge der Immunologie in Heidelberg, basierend auf den Arbeiten von E. von Dungern, L. Hirschfeld, H. Sachs und E. Witebsky waren interessant, sie hatten bereits das Thema der serologischen Organspezifität im Blick. Es war wie eine Inspiration. Nach wenigen Monaten folgten weitere Impulse aus der Arbeitsgruppe um P. Grabar und seinen Mitarbeitern am Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer in Villejuif, doch dazu später.

Die Forschungsarbeiten wurden sowohl von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) als auch von der Ludolf-Krehl-Klinik unterstützt. Die veraltete und spartanische Geräteausstattung verbesserte sich kontinuierlich und erleichterte unsere Experimente. Wir kamen aber bald an die Grenzen des verfügbaren Raums und durften wegen des Platzmangels in ein solides Gartenhaus im Klinikpark umziehen, das uns für etwa zwei Jahre als Labor zur Verfügung stand. Während dieser Zeit begann der Bau eines neuen Laborgebäudes, das speziell für die klinische Forschung an der Medizinischen Universitätsklinik konzipiert war.

Die Ludolf-Krehl-Klinik unterstützte uns über viele Jahre und stellte wichtige Geräte zur Verfügung, darunter ein Fluoreszenzmikroskop für wissenschaftliche und diagnostische Aufgaben (Autoimmunerkrankungen). Für histologische Untersuchungen erhielten wir ein Mikrotom aus den Alt- und Einlagerungsbeständen der Klinik (Hn 40 Schlittenmikrotom der Fa. R. Jung Nussloch) für die Mikrotomie von Paraffin eingebetteten Gewebepräparaten. Es handelte sich, wie wir erst viel später erfahren haben, um ein Mikrotom aus der Zeit von Prof. L. Krehl, damals Leiter der Krehl-Klinik und danach Leiter der Pathologie am Kaiser-Wilhelm-Institut für Medizinische Forschung. Dieses Mikrotom war trotz seines Alters in bestem Zustand und war noch über Jahrzehnte hinweg im Einsatz für meine histopathologischen Arbeiten. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Maschinen und hochwertige Forschungsgeräte in das Labor, später auch noch ein Elektronenmikroskop mit Zubehör. Seitdem arbeitete und lebte ich förmlich in Maschinenräumen.

Die Erinnerungen an die Anfangszeit mit allen ihren Mühen sind noch fest im Gedächtnis verankert. Die Präparation von Biomolekülen, die Herstellung von Antikörpern durch Immunisierung und ihre biochemische Charakterisierung waren zeitaufwändige Prozesse. Die Suche nach Literatur und der Kauf von Feinchemikalien gestalteten sich damals sehr mühsam. Es gab noch keine computergestützte Internet-Recherche, Fotokopierer waren nicht weit verbreitet und Bürocomputer mit Textverarbeitungssoftware kamen erst viel später. Alle Schriftstücke mussten auf herkömmlichen Schreibmaschinen verfasst werden. Es war eine Zeit, die stark geprägt war von manueller Arbeit, Beharrlichkeit und lauten Maschinen.

Immunhistologie, Zellforschung und Elektronenmikroskopie am Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer in Villejuif

Schon während meiner Doktorarbeit besuchte ich regelmäßig das Institut de Recherches Scientifiques sur le Cancer in Villejuif (Frankreich) für die Entwicklung von immunchemischen und zytochemischen Methoden. Die Atmosphäre in diesem Institut habe ich sehr geschätzt, ebenso die Begegnungen mit Persönlichkeiten wie P. Grabar, P. Burtin und A. Lwoff. Nach Abschluss meiner Promotion wechselte ich für einige Jahre an dieses Institut in Villejiuf, um an Immuno-Enzym-Techniken und selektiven Zellmarkierungen für die Elektronenmikroskopie zu arbeiten. Ich empfand es in der damaligen Zeit als Privileg, in den Laboratorien der Pioniere auf den Gebieten der Immunchemie, Zellbiologie und Elektronenmikroskopie (Dr. W. Bernhard, Dr. E. H. Leduc, Dr. S. Avrameas, Dr. J. Uriel) arbeiten zu können. Besonders W. Bernhard, der Nestor der Zellbiologie in Frankreich, war eine inspirierende und prägende Persönlichkeit. In Villejuif haben wir vielfältig zur elektronenmikroskopischen Zytochemie und Immunhistologie beigetragen. Die Zusammenarbeit mit A. Viron bei der Erarbeitung von Techniken für die Kryo-Ultramikrotomie habe ich sehr geschätzt. 

Damals wurden verschiedene Techniken der Antigen- und Antikörpermarkierung für die licht- und elektronenmikroskopische Lokalisierung von Gewebestrukturen entwickelt. Die Verwendung von Meerrettich-Peroxidase stand dabei im Vordergrund, zumal ein geeignetes zytochemisches Nachweisverfahren auf der Basis von Diaminobenzidin-H2O2 zur Verfügung stand. Dies prägte den Beginn einer neuen Ära in der Immunhistochemie, man kann diese als „Peroxidase Ära“ bezeichnen. Es wurden schnell weitere Enzyme wie z.B. die alkalische Phosphatase und die Glucose-Oxidase als geeignete Marker publiziert und bereicherten das Gebiet der Immuno-Enzym-Techniken. Die Anwendung von Marker-Enzymen war ein neuartiges Territorium in der zellbiologischen Forschung. Es begannen zahlreiche Methodenentwicklungen. Elektronenmikroskopie, Immuno-Enzymfärbung und Autoradiographie mit ³H-Thymidin ermöglichten detaillierte Darstellungen von Ultrastruktur und Zellfunktionen, beispielsweise die verschiedenen Entwicklungsstadien von Lymphozyten während der Immunantwort. Die experimentellen Arbeiten zur Differenzierung und Reifung von Immunzellen nach Antigenstimulation wurden in Zusammenarbeit mit den Kollegen M. Bouteille, E. H. Leduc, S. Avrameas und H. R. P. Miller durchgeführt. Immun-Enzym-Markierungen haben letztlich in vielfältiger Weise auch andere Gebiete der Zellforschung und Histopathologie belebt. 

Es war auffällig, wie sich Immuno-Enzym-Techniken in Europa schnell entwickelten, während in den USA und in anderen Ländern noch Ferritin-Markierungen vorherrschten. Diese Entwicklung wurde auf der Gordon-Forschungskonferenz 1972 (Immuno-Elektronenmikroskopie, Wayland Academy, Beaver Dam) deutlich. Immuno-Enzym-Techniken haben sich aber im Laufe der Zeit zu wichtigen Werkzeugen in der Biomedizin entwickelt. Techniken der Immunhistologie haben auch für die Histopathologie eine unverzichtbare diagnostische Bedeutung erlangt. Immuno-Enzym-Techniken und ihre Weiterentwicklungen sind heute Grundlage für den Nachweis von Biomolekülen in diagnostischen Laboratorien und für die Detektion selektiver Marker-Sonden bei molekularbiologischen Anwendungen. Die Prinzipien der Immuno-Enzym-Technik, ihre Varianten und die vielfältigen Anwendungen gehören heute zum Rüstzeug biologischer und diagnostischer Laboratorien. 

Zelldifferenzierung, Biomarker & Hepatokarzinogenese, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg

Nach der Rückkehr nach Heidelberg begannen wir mit Projekten am DKFZ in Heidelberg (Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) zur Untersuchung von Alpha-1-Fetoprotein (AFP, ein onko-fetales Genprodukt) als Biomarker und Indikator für die regenerative Fähigkeit der Leber nach Schädigungen unterschiedlicher Art. Die Expression dieses onko-fetalen Genproduktes diente als Marker bei der Frage nach den beteiligten Zellen und deren Differenzierungsstadien bei Leberregeneration und während der Hepatokarzinogenese. Die geeigneten Methoden für Immunchemie, Serologie, Histopathologie und Immunhistologie mussten erst noch entwickelt werden.

Die Projekte wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG-Projekte und Sonderforschungsbereich 136 Krebsforschung) gefördert. Mit Prof. W. Kunz von der Abteilung Biochemie am DKFZ entstanden gemeinsame Arbeiten über die Regulation und Expression mikrosomaler Enzyme bei der chemischen Hepatokarzinogenese. Darüber hinaus wurden mit Prof. K. H. Wurster vom Institut für Pathologie (Universität Heidelberg) und mit Prof. W. Rapp von der Ludolf-Krehl-Klinik (Heidelberg) Studien über den Einsatz von biochemisch definierten gastrointestinalen Glykoproteinen als Marker für Histogenese und Histopathologie durchgeführt. Die Herstellung spezieller Reagenzien zum Nachweis und zur Quantifizierung von Antigenen/Antikörpern, aber auch die Methodenentwicklung für Licht- und Elektronenmikroskopie waren besondere Herausforderungen. Letztlich hat sich der Aufwand für die Suche nach Vorläufer- und Stammzellen gelohnt.

Aus den vielen Experimenten wurde abgeleitet, dass unter bestimmten Bedingungen die proliferative Kapazität der adulten und differenzierten Hepatozyten blockiert wird und stammzellähnliche Populationen den Verlust von Lebermasse ersetzen. Die sich aus dem Stammzellkompartiment entwickelnden Zellen (bipotente Vorläuferzellen) sind zur Differenzierung zu adulten Hepatozyten und Gallengangsepithelien befähigt.

Nach chirurgischer Entfernung von Leberparenchym sind für die Regeneration keine sog. Stammzellen erforderlich. Das verbliebene Parenchym ist hierzu in der Lage. Dies zeigt sich ebenfalls nach Tetrachlorkohlenstoffvergiftung. Anders verhält es sich nach Schädigung mit GalN oder mit NNM. Die Leberregeneration verläuft über die Proliferation von biliären Epithelien. Diese proliferierenden biliären Epithelzellen, auch als „oval cells“ bezeichnet, entstammen den Hering Kanälen. Sie erreichen Stadien mit Reaktivierung fetaler Gene und nachfolgender AFP-Synthese, ein Vorgang der als Retrodifferenzierung mit potentieller Stammzelleigenschaft gewertet wird. Gallengänge und Hepatozyten haben einen gemeinsamen embryonalen Ursprung. Je nach Schädigung demonstriert das Gallengangepithel mit seinen proliferierenden Populationen (oval cells) seine Rolle als Transit- und Amplifikationskompartiment im Prozess der Leberregeneration. Es wird vermutet, dass zusätzliche Faktoren im hepatischen Mikromilieus das Schicksal der Vorläuferzellen hinsichtlich der Differenzierung zu Leberzellepithel (Hepatozyten) und Gallengangepithel beeinflussen können. Vorläuferzellen und adulte Hepatozyten haben stammzellähnliche Eigenschaften.

Es ist zu erwarten, dass genotoxische Faktoren ihre Wirkung sowohl auf proliferierende Oval Cells mit den sich daraus differenzierende Populationen als auch auf die vorhandenen, differenzierten adulten Leberzellen ausüben Beobachtungen legen nahe, dass Oval Cells sich sowohl zu regenerierenden Leberzellen mit hohem Transformationsrisiko als auch zu fokal veränderten Leberzellbereichen (präneoplastische Knoten) entwickeln können. Dabei entstehen sowohl AFP-positive als auch AFP-negative Karzinome in ein und derselben Leber. Das Phänomen des Wiederauftretens von AFP wird gemeinhin als Prozess einer Retrodifferenzierung gewertet, eventuell als zufälliges klonales Ereignis aufgrund genetischer und epigenetischer Veränderungen.

Parallel zu den Projekten im DKFZ wurde das Habilitationsverfahren (Experimentelle Medizin) vorbereitet. Zeitgleich kam es zur Betreuung des immunbiologischen Labors in der Ludolf-Krehl-Klinik: Paraproteindiagnostik mit Immunfixation und Immunelektrophorese, quantitative Bestimmung von definierten Serumproteinen (Nephelometrie, Immundiffusion nach Mancini und Oudin), Kollagenosediagnostik (Nachweis, Titer und mikroskopische Differenzierung von anti-nukleären Autoantikörpern) mittels indirekter Immunfluoreszenz. Die ENA Differenzierung erfolgte mit den damals üblichen Methoden (Agglutinations- und Geltechniken).

Labordiagnostik & Einführung neuer Verfahren Zentraler Sanitätsdienst der Bundeswehr - Ernst-Rodenwaldt-Institut Koblenz -

Nach Jahren der Forschung in experimenteller Medizin ergänzte ich meinen Tätigkeitsbereich. Die neue, attraktive Herausforderung bestand darin, im Fachbereich Immunologie am Ernst-Rodenwaldt-Institut in Koblenz (Zentralinstitut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr) das diagnostische Repertoire durch neue Verfahren zu ergänzen. Das militärärztliche Institut der Bundeswehr war überregional bekannt aufgrund langer Tradition in den Bereichen Hygiene, Infektionskrankheiten und Public Health. Moderne Immundiagnostik war angesagt für den militärmedizinischen Betrieb. Darüber hinaus lag auch ein Fokus auf zivil-militärischer Zusammenarbeit.

Das Institut offenbarte veraltete Strukturen aller Arbeitsabläufe, angefangen von der Anlieferung und Erfassung der Untersuchungsproben bis zur weiteren Prozessierung (Analytik, Messwerterfassung, Dokumentation, Befunderstellung, Befundausgang). Die Verwaltungsabläufe (Beschaffung, Personalwesen, Post etc.) waren schwerfällig. Alles in allem gab es hohen Personal- und Zeitaufwand. Die Bürotechnik war veraltet, keineswegs zeitgemäß. Die Kommunikationsmittel für die Zusammenarbeit mit zivilen Stellen waren schlicht eine Zumutung.

Fehleranfällige Arbeitsabläufe bei der Probenbearbeitung änderten sich langsam mit der Verfügbarkeit von Computern (PC), die etwa ab dem Jahr 1990 in geringer Anzahl geliefert wurden, geeignet nur für einfache Textbearbeitung. Echte Hard- und Software-Unterstützung kam erst viel später. Wir selbst begannen in der Anfangszeit mit MS-DOS (x86-basierte PCs) und der Programmierung in Microsoft BASIC, um die Arbeitsabläufe zu verbessern. Die wehrpflichtigen Soldaten waren dabei eine große Hilfe (!). Fortschritte kamen später mit der Einführung eines UNIX-basierten Laborinformations- und Managementsystems (LIMS, HP-UX). Mut zur Selbsthilfe war angesagt, weil Unterstützung für deren Anwendung erst sehr viel später nach der Materialauslieferung erfolgte.

In den Laboratorien wurden die immunologischen Standardmethoden (Geldiffusionstechnik, Agar-Immunelektrophorese, Hämagglutination, Turbidimetrie) sukzessiv durch neue Technik abgelöst. Eingeführt wurden Immunoassay-Systeme, z.B. Enzymimmunoassays (ELISA), fluoreszenzbasierte Immunoassays (direkte und indirekte Fluorochromtechniken, Time-Resolved TR-FIA Fluoreszenzimmunoassays) als Ergänzung zu Radioimmunoassays (RIA) für die Messung von Hormonen, Medikamenten, Tumormarker, Autoantikörper, andere Serum-/Plasma-Bestandteile. Darüber hinaus wurden zellbasierte Assays etabliert, darunter Durchflusszytometrie (FACS-Analytik) zur Leukozytentypisierung, zelluläre Immuntests zur Granulozytenfunktion (Phagozytose, oxidativer Burst), serologische Typisierung von HLA-ABC und HLA-DR Antigenen (MLCT).

Die Einführung molekularbiologischer Techniken (PCR-SSP/SSO, in-situ-Hybrisierung, Agarose-Gelektrophorese) führte zu verfeinerten Nachweisverfahren. Eine Fülle neuer Möglichkeiten ergab sich für Forschung und Diagnostik, molekularspezifische Werkzeuge bieten eine signifikante Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten. Wir haben auf dem International Congress of Military Medecine Rome (24.09.-26.09.1986) den aktuellen Stand der Entwicklung im Fachbereich Immunologie am Ernst-Rodenwaldt-Institut in Koblenz vorgestellt. Das allgemeine Prinzip des „molecular probe mapping“ mit Beispielen in der Anwendung (Hormone, Proteine, Virusbestandteile etc.) wurde gezeigt: Developments in immunology and the impact on the analysis of diseases. Die Möglichkeiten des Nachweises von diagnostisch relevanten Biomarkern wurden anhand unterschiedlicher Detektorsubstanzen und durch Anwendung verschiedener Nachweistechniken dargestellt. Mir ist aber nicht erinnerlich (und nie mitgeteilt worden), ob unsere F&E Arbeiten als state-of-the-art bei den vorgesetzten Dienststellen angekommen sind und in ihrer Bedeutung erkannt wurden.

Davon abgesehen galt unser Interesse auch der Entwicklung von Immunoassays zur Quantifizierung von Impf-Antikörpern für wehrmedizinische Zwecke und für seroepidemiologische Studien. Ein wissensbasiertes Expertensystem auf der Basis von Pro.M.D. (Chr. Trendelenburg, B. Pohl) wurde für die unterstützende Auswertung der Untersuchungsergebnisse, das Impfmanagement und das Reporting von Schutzimpfungen. Die auf PROLOG-2 (Expert-Systems Ltd., Oxford, England) basierende Software-Lösung wurde von Dr. J. P. Schröder weiterentwickelt. Ein weiteres Konzept, das LIPS-Framework (Learning, Information and Performance Support), wurde erprobt. Gemeinsam mit Dr. J. P. Schröder und Dr. J. Rieger haben wir Studien zu Impfschutz und Immunität veröffentlicht. Sitzungen mit dem Arbeitskreis Immunprophylaxe, organisiert von Dr. M. Pietsch, waren wertvoll für den kollegialen Austausch mit anderen Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Vakzinologie.

Impfprogramme der Bundeswehr haben uns die Möglichkeit zur Testung auf spezifische Serumantikörper bei Probanden nach Impfung mit Tetanustoxoid ermöglicht. Die militärärztliche Kooperation erlaubte uns der Frage nach möglichen Typ I und Typ III Immunreaktionen bei Verdacht auf Impfreaktionen nachzugehen. Beispielsweise erprobten wir einen allergen-spezifischen Festphasen-Immunoassay für die serologische Bestimmung von IgE Sensibilisierungen (Allergie Typ I) nach Impfung mit Tetanustoxoid-Impfstoff. In Einzelfällen ließen sich tatsächlich IgE vermittelte Sensibilisierungen durch Tetanustoxoid-Impfstoff feststellen. Die Testergebnisse konnten auch Kollegen in Schweden überzeugen, die daraufhin einen vergleichbaren Festphasen-Immunoassay für ihr Produktportfolio entwickelten.

Ich möchte an dieser Stelle allgemein auf die gute Zusammenarbeit mit den Militärärzten in den verschiedenen Bw-Einrichtungen hinweisen. Die Zusammenarbeit mit den Ärzten am Bundeswehr Zentralkrankenhaus in Koblenz war besonders intensiv. Hier möchte ich namentlich Prof. A. Markewitz und Prof. A. Franke hervorheben, an deren Forschungsprojekten zur Humoralen und zellulären Immunität nach Herzoperationen ich gern teilgenommen habe. Der Themenkomplex Immunreaktion und Zytokin Regulation bei chirurgischen Eingriffen, bei Sepsis u.a. klinischen Situationen ist nach wie vor aktuell. Die Arbeiten der Projekte waren von hoher Qualität und spiegeln sich in den hohen Zitationsraten wider.

Mit dem Ende des Kalten Krieges in Europa wurden zahlreiche Militäreinrichtungen abgebaut. Mit der Auflösung militärischer Einrichtungen geriet auch das Zentralinstitut in Koblenz in einen Umstrukturierungsprozess. Es gab Vorschläge, das Institut neu zu organisieren und sogar vier neue Institute zu gründen. Das war aber angesichts einer schrumpfenden Armee nicht realistisch. Am Ende kam es zu einem radikalen Abbau des Zentralinstituts in Koblenz. Abbau, Umbau, Neuorientierung folgten nicht nach fachlichen Maßstäben, ausschlaggebend waren nur die politischen Signale. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich irgendjemand von der InSan im BMVg oder vom SanAmt für unser Engagement im Ernst-Rodenwaldt-Institut (später umbenannt in Zentralinstitut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Koblenz), interessiert hätte. 

Medizinisches Versorgungszentrum, MVZ Labor Koblenz

Meine berufliche Tätigkeit führte mich zuletzt zur Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Laborarztpraxis, gegründet 1948 von Dr. Risse, weitergeführt von Dr. Gebhardt und Dr. Lambrecht als Gemeinschaftspraxis. Später kam es zu mehrfachem Inhaberwechsel und zum Zusammenschluss mit dem Labor von Dr. Schmitt in Bad Kreuznach. Seit 2006 firmiert die Praxis unter dem Namen „Medizinisches Versorgungszentrum für Laboratoriumsmedizin (MVZ) Koblenz-Mittelrhein“ in der Rechtsform einer GBR mit mehreren Gesellschaftern bzw. Inhabern. Auch hier haben sich in der Zwischenzeit Veränderungen ergeben, weil nach und nach einige Gesellschafter/Inhaber aus der Geschäftsführung ausgeschieden sind.

Im Vergleich zu den Laboratorien der Bundeswehr bearbeitet das MVZ ein weitaus größeres Analysenspektrum und bewältigt eine deutlich höhere Anzahl von täglich durchzuführenden Analysen, Komplexe Regelungen der KV (Kassenärztliche Vereinigung), Sonderregelungen mit Krankenkassen und die Akquise von Laboraufträgen regionaler Krankenhäuser prägen den Arbeitsalltag. Anders als im öffentlichen Dienst geht es hier nicht nur um präzise Diagnostik, sondern auch um genaue Kosten- und Gewinnkalkulationen. Dieses Umfeld erfordert besondere Strukturen, um den vielfältigen Herausforderungen professionell zu begegnen.

Präanalytische Aspekte wie Bring-Holdienste, gerätetechnische Dienste, Lieferketten (Reagenzien) etc. sind vergleichsweise exakt geregelt nach den Vorgaben im QM-Handbuch (Qualitätsmanagement). Im Zusammenspiel mit dem analytischen und dem postanalytischen Procedere wird ein reibungsloses Just-In-Time Prinzip der Probenbearbeitung sichergestellt. Ein erheblicher Aufwand entfällt auch auf Tätigkeiten wie Telefon- und Kunden-Service, Qualitäts- und Beschwerde-Management. Am Ende des Tages wird erwartet, dass alle Laborbereiche ihre jeweiligen Aufgaben strukturiert und richtlinienkonform bearbeitet haben.

In diesem Umfeld beschäftige ich mich mit Schwerpunkten wie Autoimmunität und Immunhämatologie. Ich unterstütze externe Krankenhauslabore bei der Steuerung ihrer Arbeitsabläufe in der klinischen Chemie, Immunhämatologie und dem Bluttransfusionswesen. Qualitätsmanagementsysteme und Audits aller Laborvorgänge müssen regelmäßig angepasst werden. Die Überwachungsaudits zur Bluttransfusionssicherheit gemäß Transfusionsgesetz, Richtline Hämotherapie und den speziellen Auflagen der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz erfordern Sorgfalt. 

Entwicklungen zur Präzisionsmedizin

Die technischen Fortschritte in der Labormedizin sind bemerkenswert. Während bisher in medizinischen Laboratorien vornehmlich auf Präzision und Reproduzierbarkeit geachtet wurde, verlagert sich zusätzlich ein Fokus auf effizienten Arbeitsablauf, Automatisierung, Robotik und Digitalisierung. Bei der Transformation von Laborprozessen liegen Herausforderungen auch auf dem Gebiet der Softwareentwicklung und der verbesserten Kommunikation. Wir sehen Trends in Miniaturisierung von Analysesystemen, die in einigen diagnostischen Bereichen bereits zum Einsatz kommen. Innovative POCT-Systeme (Point-of-Care-Diagnostik) treten in Konkurrenz zur zentralisierten Laboranalytik (Zentrallaboratorien mit klassischer medizinischer Chemie, Serologie, Mikrobiologie). POCT-Technologien mit Mikroelektronik für automatisierte Analyse sowie neue Markierungs- und Analyseformate, neue Sensor-, Transducer- und spektroskopische Entwicklungen (Surface-Enhanced Raman Scattering etc.) sind bereits in Entwicklung für spezifische und präzise POCT-Diagnostik. Die Möglichkeit zur gleichzeitigen Analyse mehrerer Parameter (Multiplexing) wird auch für die molekulargenetische Diagnostik wichtig.

In Zukunft müssen wir uns verstärkt mit der Anwendung von Computeralgorithmen und künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigen, die es Computern, Maschinen und Menschen ermöglicht, auf intelligente Weise zusammenzuarbeiten. KI basierte Anwendungen können beispielsweise große Mengen an Gesundheitsdaten checken, um diagnostisch relevante Auffälligkeiten (Muster) zu erkennen, die noch vor einer Diagnose auf Erkrankungen hindeuten. Diagnostik und Krankheitsklassifizierung lassen sich tiefgreifend durch bioinformatische Ansätze beeinflussen. Proteinbasierte Biomarker und neue Konzepte der Flüssigbiopsie (Erstellung von Profilen aus Flüssigproben) für die Charakterisierung und Detektion spezieller Merkmale (ctDNA, RNA, miRNAs, SNPs etc.) sind Schritte zur Präzisionsmedizin. Sie dienen der individualisierten Medizin.

Die Kombination aus KI und neuronalen Netzen findet bereits Anwendung in einigen medizinischen Bereichen z.B. in der Radiologie, der Histopathologie und bei bestimmten, auszuwählenden Therapien. All dies ist zukunftsfähig, bedeutet aber auch eine Aufforderung des gesamten Gesundheitswesens, sich solche Fähigkeiten anzueignen und in die tägliche Arbeit einzubeziehen. Zur professionellen Zufriedenheit und zum eigenen Wohl müssen wir ständig Schritt halten mit dem technischen Fortschritt und allen sich ergebenden Aufgaben. Die Gültigkeit und Bedeutung dieser inneren Haltung wurde schon lange vor meiner Zeit in Briefen von CARL FRIEDRICH GAUSS formuliert: 

„Wahrlich es ist nicht das Wissen, sondern das Lernen, nicht das Besitzen, sondern das Erwerben,
nicht das Da-Seyn [Dasein], sondern das Hinkommen, was den grössten Genuss gewährt“

(C. F. Gauss, XXX. Gauss – Bolyai. Göttingen, 1808, IX. 2. In: F. Schmidt, P. Stäckel (Hrsg.), Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Wolfgang Bolyai, pp 93-94. Verlag B. G. Teubner, Leipzig 1899).